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Strategie-Workshops: Wenn echte Resultate auf sich warten lassen

Artikel von Caroline Cerar

 

Laut einer Studie des Advanced Institute of Management Research gehören Strategie-Workshops bei rund 76% der britischen Unternehmen zum Standard-Repertoire. Dies wird durch eine Studie im deutschsprachigen Raum aus dem Jahre 2012 bestätigt. Bei 45% der befragten Unternehmen finden solche Workshops jährlich statt. Zumeist sind die teilnehmenden Führungskräfte mit den unmittelbaren Ergebnissen des Workshops zufrieden. Wenn man jedoch nach dem Workshop den Blick auf die effektive Umsetzung im Unternehmensalltag wirft, ändert sich oft das Bild.

 

Die Implementierung der vereinbarten Massnahmen geht zögerlich voran. Das, was man im Workshop diskutiert und entschieden hatte, scheint in der Organisation entweder nicht richtig verstanden oder zumindest nicht sonderlich enthusiastisch vorangetrieben zu werden. Tatsächliche oder vermeintliche Ungereimtheiten und Hinderungsgründe stehen im Fokus der internen Diskussionen. Manchmal wird die gewählte strategische Richtung mehr oder minder offen in Frage gestellt. Letztlich lassen Resultate auf sich warten.

 

 

Tieferes Verständnis von Strategie-Workshops für eine erfolgreichere Umsetzung

Bei Workshops zur Überprüfung oder Neudefinition der Strategie zieht sich eine kleinere Gruppe von Führungskräften im Durchschnitt für einen halben bis zu 2 Tage zurück. Für diese Zeit sind die hierarchischen und funktionalen Ordnungen unter den Teilnehmern zumindest teilweise suspendiert. Es geht nämlich um einen offenen strategischen Austausch, bei dem es nicht zählt, wer wem Weisungen erteilen kann. Bestimmte Workshop-Spielregeln sollen gerade dazu dienen, das Denken und Verhalten der Manager/-innen jenseits der üblichen Schemata zu lenken, um neue Einsichten und Diskussionen zu ermöglichen. Gelockerte Kleidervorschriften, eine andere Umgebung und eine besondere Dramaturgie tragen ebenfalls zu diesem geänderten Rahmen bei.

 

Mit solchen Workshops tritt man also aus dem normalen Unternehmenskontext bewusst heraus. Dies gilt auch im Hinblick auf die etablierten Management-Prozesse, regulären Sitzungen und Gremienstrukturen. Strategie-Workshops sind gemäss den Management-Forschern Hendry und Seidl „strategische Episoden“, in denen wichtige strategische Entscheidungen ausserhalb des gewohnten Bezugsrahmens gefällt werden. Diese Entscheide müssen aber wieder darin einfliessen und implementiert werden. Hiermit wird die Hürde deutlich, die es von der strategischen Episode des Workshops hin zur erfolgreichen Implementierung in der Organisation und durch die Organisation zu überwinden gilt.

 

  • Strategie-Workshops brauchen ein gezieltes Re-Coupling: Damit Strategie-Workshops am Ende nicht nur reine Episoden mit anekdotischem Charakter bleiben, ist es wichtig mit der Umsetzungsgestaltung wieder am Unternehmenskontext anzudocken und die Resultate gezielt in die Organisation einzusteuern. Es geht um ein "Re-Coupling“, wie dies im Strategy-as-Practice Research bezeichnet wird. Andocken bedeutet in Kommunikation mit der Organisation als Ganzes und den einzelnen Einheiten zu treten und in der Umsetzung die Prozesse und Instrumente aktiv zu nutzen, die bereits etabliert sind. Re-Coupling muss aber auch auf einer inhaltlichen Ebene stattfinden. Es muss ein Bezug der neuen Erkenntnissen und Entscheidungen zum bisherigen Strategieverständnis hergestellt werden. Bedeutung und Auswirkung der definierten Massnahmen auf laufende Initiativen sollten ebenso thematisiert werden. Dort, wo es um Kontinuität geht, muss die Anschlussfähigkeit sichergestellt werden.

 

  • Strategie-Workshops sind mehr als eine Summe strategischer Entscheide: Resultat von Workshops sind nicht nur eine Reihe von Richtungs- und Massnahmenentscheidungen. Es entstanden darin auch ein gemeinsamer Erkenntnisgewinn, einheitliche Sichtweisen und Commitment. Oft hat sich auch ein ganz „besonderer Spirit“ im Workshop entwickelt. Um letztendlich eine wirkungsvolle Umsetzung in der Organisation zu gewährleisten, braucht es mehr als eine Information über die umzusetzenden Massnahmen. Den Führungskräften muss es auch gelingen den Erkenntnisprozess und Geist des Workshops zu vermitteln, sodass ein wirkliches Verständnis der gewählten Strategie und mithin ein robustes Commitment auch bei denjenigen entstehen kann, die nicht am Workshop teilgenommen haben.

 

 

Workshop-Ergebnisse wirksamer umsetzen – Typische Fallen vermeiden

Dieses Verständnis ist im Hinblick auf eine rasche und wirkungsvolle Umsetzung der im Workshop getroffenen strategischen Entscheide hilfreich. So können sonst typische Fehler vermieden werden.

 

 

1. Prinzipien der Umsetzung

 

Häufig werden bei Workshops zwar Massnahmen definiert, man unterhält sich aber zu wenig über die Art und Weise der Umsetzung. Dazu zählen z.B. Verantwortlichkeiten, Fragen des Projektmanagement aber auch Leitplanken zur Philosophie und Qualität des Vorgehens, wie notwendige Must-Have’s oder absolute No-Go‘s. Ebenso sollte man sich prinzipiell mit dem Re-Coupling beschäftigen. Welche etablierten Systeme oder Prozesse können in der Umsetzung genutzt werden? Was bedeuten die Entscheidungen für laufende Initiativen oder das derzeitige Geschäftsverständnis? Wie geht man mit einem strategischen Richtungswechsel um? Für diese Themen sollte am Ende eines Workshops noch genügend Zeit verbleiben, sodass man sich im Kreis der Führungskräfte auf die wichtigsten Prinzipien einigen kann.
 

 

2. Commitment- und Umsetzungsworkshop

 

Bei komplexeren strategischen Fragestellungen erweist es sich als sinnvoll sich öfters im Workshop-Team zusammenzufinden anstatt Diskussion, Entscheid und Umsetzungsfragen in einer Veranstaltung abhandeln zu wollen. Die Zeit zwischen den Workshops kann dazu genutzt werden, die Resultate der Beschäftigung mit dem Thema adäquat aufzubereiten und weitere Analyse und kritische Überprüfungen durchzuführen. Ausserdem brauchen die beteiligten Führungskräfte auch selbst Zeit, sich mit schwierigen Entscheidungen länger beschäftigen zu können.

 

Nach einer zeitlichen Pause in einem Folge-Workshop die bisherigen Ergebnisse und Gedankengänge zu reflektieren kann wichtige neue Impulse und andere Sichtweisen ermöglichen. Argumente, die im vorangegangen Workshop nicht die gehörige Beachtung gefunden haben, werden nun eventuell neu in den Blick genommen. Neue Erkenntnisse können aufkommen.

 

Sehr nutzbringend kann es sein, die gewählte Strategie in einem weiteren Workshop detailliert niederzuschreiben. In diesem Prozess kommen regelmässig Missverständnisse, unterschiedliche Sichtweisen der Teilnehmer oder offensichtliche Lücken zum Vorschein. Die Schriftlichkeit zwingt noch einmal zu einer anderen Klarheit im Denken und Abwägen. Einigung und Commitment, die letztendlich daraus entstehen, sind daher viel robuster und tragfähiger, weil man sich auf diese Weise viel intensiver mit der strategischen Frage auseinandersetzen konnte.

 

Darüber hinaus hat man die Gelegenheit sich in einem Folge-Workshop auch mit den Implikationen der gewählten Strategie eingehender zu beschäftigen. Diese Ableitung zeigt auf, welche Voraussetzungen und Rahmenbedingung mit erfolgsentscheidend für die Umsetzung der Strategie sein werden. In das Umsetzungsprogramm müssen auch Massnahmen im Hinblick auf diese Voraussetzungen und Rahmenbedingungen aufgenommen werden. Ein etwas erweiterter Teilnehmerkreis kann für eine solche Art von Workshop sehr hilfreich sein, um diese Fragen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und Funktionen gemeinsam durchdenken zu können.

 

Auf dieser Basis lassen sich dann die wichtigen Richtungsentscheidungen zur Umsetzung gut und einfach treffen. Noch zu oft lassen aber strategische Implementierungen diese Themen ausser Acht und laufen dann in Schwierigkeiten ihre Ziele zu erreichen, obwohl die strategischen Massnahmen an sich gut definiert und auch der Umsetzungswille bei den Mitarbeitern vorhanden ist.

 

 

 

3. Prinzipien der Kommunikation

 

Das Workshop-Team sollte noch im Rahmen der Strategie-Session vereinbaren, welche Werthaltungen und Leitlinien für die weitere Kommunikation gelten sollen und wie die Führungskräfte mit zu erwartenden Fragen aus der Organisation umgehen sollen. Wenn es sich um einen Workshop mit besonders kritischem Inhalt oder in einer für das Unternehmen besonders kritischen Periode handelt, wird dieser in der Organisation auch schon im Vorfeld verstärkt wahrgenommen. In solchen Situationen empfiehlt es sich, gleich am folgenden Arbeitstag nach dem Workshop eine kurze Information auszusenden. In diesem Statement wird man noch nicht die Strategie an sich vorstellen können, sehr wohl kann man aber ankündigen, wann und in welchen Schritten man die Organisation über die neue Strategie informieren wird. Diese klare Information zumindest über den Prozess und das weitere Vorgehen schafft Orientierung unter den Mitarbeitern und wirkt vertrauensfördernd.

 

 

4. Umsetzung als Gesamtprozess

 

Solange es sich um relativ unabhängige Einzelmassnahmen handelt, wird die Umsetzung ohne grössere Koordination machbar sein. Sobald es sich jedoch um eine Vielzahl von vernetzten Umsetzungsthemen handelt, werden Ansatz und Philosophie der Implementierung relevant. Die Umsetzung muss dann als Gesamtprozess verstanden und gestaltet werden, für den eine Gesamtverantwortung etabliert werden sollte.

 

Leider hält sich in der Praxis noch immer zu sehr die Vorstellung, dass es genügt die definierten Massnahmen zu kommunizieren - frei nach dem Motto: Die Linien- und Funktionslenker werden die Umsetzung schon richten. Die typischen Reibungsverluste in Organisationen sind häufig ein Symptom für dieses Vorgehen. Die Durchsetzungsgewalt der Linienverantwortlichen und deren Umsicht und Koordinationswille werden hier oft über- und der notwendige übergeordnete Planungs- und Steuerungsbedarf oft unterschätzt.

 

Für einen Gesamtprozess mit übergeordneter Verantwortung spricht noch ein anderes, häufig zu beobachtendes Phänomen. Mit der Umsetzung geht eine Veränderung in der Verantwortlichkeit einher. Die jeweiligen Linien- und Funktionsleiter kommen nun in die Pflicht. Es kommt zu einer Verlagerung des Fokus vom grösseren Kontext auf die unteren und funktionalen Ebenen. Damit einher kann auch der teilweise Verlust der Gesamtsicht gehen. Während der Strategie-Workshop zumeist von Sponsoren und externen oder internen Moderatoren sehr sorgfältig vorbereitet wurde, fehlt nun bei der Umsetzung nach dem Workshop oft diese Klammerfunktion der Gesamtsteuerung. Auch dies ein Grund, warum aufgrund der mangelnden übergeordneten Koordination gut gemeinte Umsetzungsarbeit nach Workshops leider oft nicht den gewünschten Effekt erzielt oder unnötige Friktionen in der Organisation auslöst.

 

 

5. Einbindung in Systeme

 

Studien belegen, dass Strategie-Workshops, die in den definierten strategischen Planungsprozess integriert sind, deutlich bessere Resultate liefern als stand-alone Events. Ein Grund dafür ist die Einbindung in das Standard-Procedere, welche ein besseres Rück-Ankoppeln nach dem Workshop ermöglicht. In zwei Drittel der Unternehmen, die Strategie-Workshops durchführen, wird dies bereits so gehandhabt. Die Workshops sind Teil der firmeninternen strategischen Planungsprozesse. Die Workshops sind dafür zeitlich passend terminiert. Die Resultate fliessen in den strategischen Planungsablauf ein.

 

Einbindung bedeutet aber auch, dass Fragen, welche aus dem üblichen Planungsprozess oder anderen Standardroutinen im Unternehmensalltag entstehen, entsprechend gesammelt und aufbereitet werden, sodass diese dann in einem folgenden Strategie-Workshop in Ruhe behandelt werden können.

 

 

Umsetzungsquote – Potenzial zur Steigerung

Das nicht ganz unbekannte Phänomen, dass nach der Euphorie des Workshops die Ernüchterung in der Realität kommt, macht leider auch vor Strategie-Workshops nicht halt. Man glaubt, klare strategische Entscheide getroffen, die Massnahmen präzise formuliert und diese Dinge auch gut kommuniziert zu haben, um dann doch feststellen zu müssen, dass es bei der Umsetzung hakt. So unterschiedlich die Ausgangslage bei verschiedenen Unternehmen auch sein mag, nur allzu oft geht man bei der Umsetzung nach Workshops in dieselben typischen Fallen. Zumindest diese kann man mit etwas Voraus- und Umsicht im Vorgehen jedoch weitgehend umgehen.

 

 

 

MMag. Caroline Cerar MSc.
Managing Director – Management Counterparts

 

 

Quelle:

  • van Aaken, D. et al.: „Ausgestaltung und Erfolg von Strategieworkshops: Eine empirische Analyse”. UZH Business Working Paper Series; No. 311; August 2012

  • Hendry, J. und Seidl, D.: „The structure and significance of strategic episodes: social systems theory and the routine practices of strategic change.”. Journal of Management Studies, 40 (1): 3-22, 2003

  • Hodgkinson, G.P. et al.: „The Role and Importance of Strategy Workshops”. Advanced Institute of Management Research, 2005

  • Schwarz, M.; Balogun, J.: “Strategy Workshops for Strategic Reviews: A case of semi-structured emergent dialogues”. Advanced Institute of Management Research, AIM Research Paper Series 054-February 2007

 

 

13. Oktober 2016 / © Management Counterparts  – Perveno GmbH

 

 

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